„Warum sehe ich sie nie, die anderen Leute mit ihren alten, gebrechlichen Hunden?“, fragt mich eine liebe Kundin, die seit Monaten ihr eigenes Leben auf ihren körperlich stark eingeschränkten Hundesenior ausgerichtet hat. Gute Frage, denke ich mir …
Warum?
Ist es den Hundegreis_innen aufgrund ihrer körperlichen Verfassung nicht mehr möglich an der Öffentlichkeit teilzunehmen?
Ist es den Hundehalter_innen unangenehm, sich mit den vielleicht schon sehr ‚klapprig‘ und erschöpft aussehenden Hund auf der Straße zu zeigen?
Versuchen die Pflegenden den bemitleidenden, vielleicht sogar (ver-/vor-) urteilenden Worten und Blicken der Mitmenschen zu entgehen?
Werden einige Hundesenior_innen gar zu früh euthanasiert, da der Pflegeaufwand für ‚normal‘ Berufstätige nicht oder nur sehr schwer umsetzbar ist?
Altern, Sterben und Tod als Tabu
Wir leben in einer Kultur, die ihren Fokus sehr stark auf Jugendlichkeit richtet. Altern, Sterben und Tod werden nahezu völlig tabuisiert. Alter und Tod begegnen uns im Alltag so gut wie gar nicht mehr – sei es in den Medien, wo man oft vergeblich nach Repräsentant_innen älterer Generationen sucht, oder die Veränderungen im Familien- und Haushaltsgefüge: War man in Mehrgenerationenhaushalten früher unmittelbar mit dem Ableben eines Familienmitglieds konfrontiert, wird dies nun in Senior_innenwohnheime und Krankenhäuser verlagert. Bestattungsunternehmen greifen häufig auf unscheinbare Minivans und Kleintransporter zurück, auf denen höchstens klein die Unternehmensbezeichnung angebracht ist. So wundert es kaum, dass das Altern und Sterben unserer Vierbeiner ebenso ‚unsichtbar‘ (geworden) ist.
Machen wir auch diese Lebensphase sichtbar!
Ich weiß aber, dass es auch sie gibt, die tattrigen und pflegeintensiven Hundeomis und -opis, die von ihren Menschen bis an ihr Lebensende liebevoll umsorgt werden. Und ich bin dafür, diese gemeinsame Lebensphase sichtbar zu machen und die damit verbundenen teils schmerzlichen und auch belastenden Erfahrungen zu teilen. Sich mit dem Älterwerden auseinanderzusetzen, geht über das Charmant-Finden grauer Schnauzen hinaus: Empathie, Geduld, Zeit, auf die (geänderten) Bedürfnisse der Hundesenior_innen einzugehen und sich diesem integralen und finalen Bestandteil allen Lebens zu stellen.
Benno
Benno im Juni 2016. Er sah zwar schon sehr elend aus, wollte aber noch drei weitere Monate mit uns verbringen – natürlich entsprechend behandelt und mit Schmerzmitteln versorgt. Wenn ich mich recht erinnere, verging wohl kein Tag, an dem ich nicht über sein Leben und Sterben nachdachte...
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